Vor Kurzem wurden die Mitglieder des neuen Digitalrats von der Bundeskanzlerin berufen. Das Gremium soll die Bundesregierung bei Fragen der Digitalisierung wie Breitbandversorgung, Bildung, eGovernment und Künstlicher Intelligenz beraten. Doch braucht es den Digitalrat wirklich? Dies hinterfragt Carsten Knop in seinem Artikel in der FAZ, denn eigentlich sind die größten Handlungsbedarfe seit Jahren bekannt. Deutschland hat kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.
Auch wenn die Zusammensetzung des Digitalrates eigentlich nicht zu beanstanden sei, stellt sich die Frage, welche neuen Erkenntnisse das Gremium eigentlich gewinnen soll. Auch sei das Themenspektrum zu umfangreich angesetzt. Es droht eine viel zu breite und allgemeine Diskussion, an dessen Ende nur weitere Empfehlungen stehen könnten. Es wäre nicht das erste Mal, dass öffentlichkeitswirksame Maßnahmen wie die Berufung einer Digitalstaatssekretärin am Ende zu nichts Konkretem führen.
„Hierzu sei schon so viel an Kenntnis und Erkenntnis beratschlagt worden, dass es schwer falle, vom Digitalrat noch bahnbrechend Neues zu erwarten.“
Ich teile die Einschätzung des Autors, dass eigentlich keine weiteren Beratungsgremien gebraucht werden. Deutschland muss sich endlich an die Umsetzung seiner bekannten digitalen Baustellen machen. Um nur einige Beispiele zu nennen: Schulen müssten dringend mit ausreichend digitaler Infrastruktur ausgestattet und Lehrer in der Digitalisierung weitergebildet werden. Im Bereich eGovernment hinkt Deutschland den Vorreitern um Jahre hinterher, hier könnte viel Geld gespart und Effizienz gesteigert werden. eHealth-Vorhaben werden seit Jahren aufgrund unterschiedlicher Interessen der Lobby-Gruppen blockiert, was medizinischen Fortschritt und Kosteneinsparungen verhindert. Im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) sind die USA und andere Länder inzwischen deutlich voraus, die Bundesregierung begnügt sich aber mit einem vagen Eckpunktepapier für eine KI-Strategie.
Deutschland kann sich eine Symbolpolitik bei der Digitalisierung nicht mehr leisten, sonst riskiert es, seinen wirtschaftlichen Vorsprung zu verspielen. Geld ist im Moment eigentlich ausreichend vorhanden, es müssen nur Maßnahmen festgelegt und konsequent umgesetzt werden. Insofern bleibt zu hoffen, dass der Digitalrat sich eher auf wenige Themen fokussiert und für diese ganz konkrete Handlungsvorschläge ausarbeitet. Denn es sind eher Umsetzungspläne als neue Empfehlungspapiere, die die Digitalisierung in Deutschland voranbringen.
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