Wie abhängig sind Menschen von globalen Datenkraken wie Amazon, Facebook und Microsoft? Müssen wir befürchten, dass mit unseren eingesammelten Daten digitale Identitäten von uns geschaffen werden, deren Nutzung wir nicht mehr selbst kontrollieren können?
Die Antwort von Peter Ganten im FAZ-Artikel von Carsten Knop ist „Ja“. Faktisch ist es so, dass wir alle täglich Unmengen an Daten preisgeben, um Kartenfunktionen oder soziale Netzwerke zu nutzen und Services, die uns das Leben erleichtern, kostenlos verwenden zu können. Diese Daten werden von den Internet-Giganten mit Künstlicher Intelligenz analysiert. Hieraus lässt sich ein Informationsvorsprung gewinnen, der dann kostenpflichtig vermarktet wird.
Das Datenmonopol hat Auswirkungen auf Unternehmen: Wenn die Daten der potenziellen Kunden in der Hand der Datensammler liegen und aussagekräftige Analysen nur von dort bezogen werden können, müssen die zum Geschäftsbetrieb benötigten Daten teuer gekauft werden. Dies kann das gesamte Geschäftsmodell von Unternehmen gefährden und verhindert zudem Innovationen.
„Deswegen ist es entscheidend, dass Organisationen […] eigene Identitätsmanagementsysteme unter der eigenen Kontrolle aufbauen“
Damit es nicht soweit kommt wie in China, wo der Staat sämtliche Informationen aus dem Internet abgreift und für jeden Bürger eine digitale Identität entwickelt, auf die ein Social Scoring angewendet wird, schlägt Peter Ganten ein offenes System für das Management von digitalen Identitäten vor. Ziel des von einer offenen, nicht kommerziell ausgerichteten Community betriebenen Systems ist es, dass Individuen und Unternehmen selbst entscheiden können, welche Informationen Anbieter über ihre Identität beziehen dürfen.
Ich finde den Open-Source-Ansatz grundsätzlich interessant, sehe aber zwei Probleme: Erstens muss die Open Source Community mächtig genug sein, um ein Gegengewicht zu den von den Internet-Giganten gesammelten Daten bilden zu können. Denn die Verwaltung eines solchen sicheren Open-Source-Datensilos und ggf. entsprechender Analytics-Verfahren ist mit erheblichem Aufwand verbunden.
Und zweitens verhindert der Aufbau von digitalen Identitäten ja nicht, dass Google und Co. weiterhin kontinuierlich Daten sammeln und ihre Datensilos aufbauen. Die marktbeherrschende Position bei der Datenverarbeitung wird das vermutlich nur begrenzt einschränken.
Ich glaube daher, dass eine staatliche Kontrolle und ggf. Beschränkung der Daten-Marktmacht von Unternehmen nicht zu vermeiden ist. So könnte z.B. eine dem Kartellamt ähnliche Einheit prüfen, ob Unternehmen eine Monopolstellung bei Daten besitzen und notfalls einschreiten.
Eine wichtige Aufgabe einer solchen Datenschutzaufsichtsbehörde wäre dann, Transparenz über die Speicherung von Daten zu schaffen wie dies z.B. durch die DSGVO-Richtlinie erreicht werden soll. Eine Offenlegung von verwendeten Analytics-Verfahren ist sicher schwer zu erreichen, weil darin ja das Intellectual Property von solchen Unternehmen besteht.
Aber mit Transparenz über die gespeicherten Daten ist bereits ein erster Schritt erreicht, und man kann in einem zweiten Schritt ggf. auch Rückschlüsse auf die Verarbeitung der Daten ziehen. Ob der Open-Source-Ansatz grundsätzlich funktioniert, wird sich vielleicht schon bald zeigen: Eine Initiative will auf Basis von bereitgestellten Schufa-Daten herausbekommen, wie die Schufa ihren Score berechnet.
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