Corona wird sich auf FinTechs auswirken, wobei die Effekte je nach Geschäftsmodell unterschiedlich ausfallen werden. Neben dem Geschäftsmodell beeinflussen auch der Reifegrad des Start-ups sowie dessen Cash-Reserven, ob und inwieweit die Corona-Krise für die jungen Unternehmen kritisch werden wird, schreibt Isabel Woodford im Blog „The Sifted Community“.
Da der FinTech-Sektor sehr breit aufgestellt sei, könne man hinsichtlich der Auswirkungen der Covid-19-Krise keine generellen Aussagen treffen, sondern müsse man nach dem jeweiligen Sub-Sektor unterscheiden. Während zum Beispiel Digitalbanken oder Wealth Manager in den nächsten sechs Monaten mit einem Rückgang ihres Geschäfts rechnen müssten, ergäben sich für die auf Trading spezialisierten Start-ups neue Chancen.
Challenger-Banken wie N26 hätten schon immer mit mangelndem Vertrauen im Vergleich zu etablierten Playern zu kämpfen. Dies zeige sich auch daran, dass viele Bankkunden nicht ihr Gehaltskonto, sondern lediglich Zweitkonten bei den Digitalbanken führen. Diese Vertrauenslücke würde sich in der Corona-Krise verstärkt bemerkbar machen. Zudem gingen die Zahlungsvorgänge generell zurück, was insbesondere Anbietern, die Payments als Einnahmequelle nutzen, zu schaffen mache. Andererseits könnten Challenger-Banken besser skalieren, da ein Off- und Onboarding von Kunden digital und damit kostengünstig erfolgen könne. Zudem könne der Lockdown die Vorteile digitalen Bankings verstärkt zum Vorschein bringen, so dass Digitalbanken mittelfristig profitieren könnten.
Payments-Anbieter wie SumUp seien zwar zunächst von rückläufigen Zahlungsvorgängen betroffen, generell sollte ihnen der Trend zu verstärktem bargeldlosen Zahlen aber helfen. Ebenso würde der Bereich FX (Foreign Exchange) kurzfristig unter einem Rückgang der Volumina an Geldüberweisungen zwischen Währungszonen leiden.
„Digital trading startups like FreeTrade and Bux have reported a boom in volumes in recent weeks as traders attempt to ‘buy-the-dip’.”
Trading-Plattformen wie Trade Republic könnten von der derzeitigen Volatilität des Marktes und dem Umstand, dass zahlreiche neue Anleger wegen Covid-19 jetzt zu Tiefständen einsteigen wollen, profitieren. Voraussetzung sei, dass die Infrastruktur stabil laufe.
Das Risiko von digitalen Wealth Managern wie Liqid sei nun, dass Kunden ihre Bestände auflösen und wegen Corona zu etablierteren Vermögensverwaltungen wechseln. Da das Wealth Management vom Asset under Management lebe, sei dies kritisch zu bewerten.
Auch wenn in einer Finanzkrise der Bedarf nach Krediten steige, sei Corona ein Risiko für Finanzierungs-Dienstleister, weil es schwieriger werde, risikobewusstere Geldgeber und Kreditnehmer zusammenzubringen. Außerdem würde bei Unternehmen nun häufig der Staat als Kreditgeber einspringen und den Bedarf Krediten über den Kapitalmarkt reduzieren.
Und schließlich sei im Nachgang zum Schock der Krise damit zu rechnen, dass Versicherungen generell eine verstärkte Nachfrage erfahren werden. Davon könnten auch InsurTechs profitieren, die B2B Analytics oder Tools für das Schadenmanagement bereitstellen.
Aus meiner Sicht zeigt die Übersicht gut die Herausforderungen der FinTechs in der Corona- und damit verbundenen kommenden Wirtschaftskrise. Letztendlich führt die aktuelle Situation aber lediglich dazu, dass die bestehenden Stärken und Schwächen der FinTech-Start-ups verstärkt zutage treten. So bestand zum Beispiel die Vertrauenslücke im Vergleich zu Bank-Konzernen schon immer, auch für den Zuwachs beim bargeldlosen Zahlens sowie bei der Nutzung digitaler Kommunikationskanäle gab es schon lange einen entsprechenden Trend.
So wird die Covid-19-Krise wahrscheinlich zu einer schnelleren Konsolidierung in der FinTech-Branche führen. Dies muss aber nicht generell schlecht sein, da damit Gelder für neue Geschäftsmodelle bzw. das Wachstum der gesunden Start-ups frei werden.
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