Die Notenbanken müssen sich mit Digitalgeld befassen, weil Krypto- und Digitalwährungen wie die Libra ihnen das staatliche Monopol auf Währungen streitig machen. Wenn man aber die Grundfunktionen des Geldes betrachtet, seien staatliche Währungen weiterhin im Vorteil gegenüber nicht-staatlichen Währungsformen, kommentiert Markus Frühauf in der FAZ.
Grundfunktionen des Geldes seien Zahlungsmittel, Wertaufbewahrung und Wertmessung. Diese Funktionen müsse man sich vor Augen halten, wenn man über mögliche Substitutionsfunktionen von klassischen Währungen durch Digitalwährungen spreche.
Entscheidende Aspekte der Zahlungsmittel-Funktion seien die Stabilität des Wertes und die Schnelligkeit der Transaktionen. Bei Kryptowährungen wie dem Bitcoin sei die Stabilität aber nicht gegeben, da deren Kurse um 20 bis 30 Prozent schwanken könnten. Dies reduziere die Akzeptanz als Zahlungsmittel deutlich. Auch wenn es bereits Mechanismen gebe, die Stabilität zu verbessern – die sogenannten Token –, hätten Notenbanken damit einen Vertrauensvorteil gegenüber Kryptowährungen.
„Neben neuen Vermögenswerten wie Bitcoin erhöhen die Finanz- und Zahlungsdienste großer Internetkonzerne wie Apple Pay und Google Pay den Druck.“
Wenn zusätzlich sichergestellt werde, dass Überweisungssysteme schnell und verlässlich arbeiten, gebe es für den Verbraucher eigentlich keinen Grund, Digitalwährungen zu nutzen. Anders verhalte es sich bei Banken und der Industrie, die sich erhoffen, im Internet der Dinge die Wertschöpfungsketten mit automatisierten Zahlungssystemen effizient und rechtlich sicher gestalten zu können.
Sollten Notenbanken in Erwägung ziehen, digitales staatliches Geld einzuführen, müsse allerdings geklärt werden, wer dieses bereitstelle. Denn Geld werde üblicherweise von Geschäftsbanken bereitgestellt, nicht den Notenbanken. Wenn zukünftig Notenbanken digitales Geld an Unternehmen und Haushalte direkt zur Verfügung stellen und damit Geschäftsbanken umgehen würden, würde eine wesentliche Finanzierungsquelle für Geschäftsbanken entfallen. Werde das Digitalgeld hingegen über die Geschäftsbanken verteilt, würden Effizienzgewinne zum herkömmlichen Buchgeld schwinden.
Letztendlich werde die Etablierung von nicht-staatlichen Digitalwährungen auch dadurch erschwert, dass Aufsichtsbehörden keine regulatorischen Spielräume lassen werden. Dies mache das Vorhaben teuer. Deswegen seien auch schon mehrere Kooperationspartner von Libra ausgestiegen.
Zudem sprechen Datenschutz und Wertaufbewahrung für das Geld der Zentralbanken und gegen nicht-staatliches Geld. Zentralbankgeld sei daher insgesamt im Vorteil – egal ob es sich um Buchgeld, Bargeld oder Digitalgeld handle.
Ich halte es für richtig, den Mehrwert von Kryptowährungen und Digitalgeld kritisch zu hinterfragen. Letztendlich müssen neue Technologien etwas einfacher, schneller, billiger oder bequemer machen – sonst macht deren Einsatz keinen Sinn oder eignet sich nur für technikverliebte Nerds. Oftmals ist es auch so, dass neue Technologien zwar angewendet werden können, aber gegenüber herkömmlichen Technologien keinen wirklichen Vorteil bringen. Bei Blockchain-Use-Cases ist dies häufig der Fall.
Ein wesentlicher Vorteil von Stablecoins wie der Libra ist die Möglichkeit, einfache und länderübergreifende Zahlungen durchzuführen. Wenn nun durch die Regulatorik die Möglichkeiten nicht-staatlicher Organisationen zur Einführung von Digitalwährungen eingeschränkt werden, der Libra nicht mit einem globalen Währungskorb hinterlegt wird und es stattdessen lokale Libra-Währungen geben wird, werden die Argumente für Libra und Co. immer dünner. Die Zentralbanken könnten dann eine führende Rolle bei der Umsetzung von Stablecoin-Konzepten einnehmen.
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