Laut zwei Studien wollen immer mehr Unternehmen in DACH Software-Roboter einsetzen und damit insbesondere monotone Back-Office-Tätigkeiten von Computern erledigen lassen. Robotic Process Automation (RPA) hat den Vorteil, dass es kostengünstig ist und schnell eingeführt werden kann, berichtet Jakob Freund in der computerwoche.
Insbesondere die Eingaben in grafische Benutzeroberflächen von Legacy-Systemen könnten durch RPA übernommen werden. Mitarbeiter, die die Aufgaben bisher übernommen werden, könnten so eingespart werden oder könnten andere Aufgaben übernehmen. Der Vorteil ist, dass sich so schnell Kosteneinsparungs- und Prozessbeschleunigungs-Effekte erzielen lassen, ohne dass die Legacy-Systeme selbst ersetzt werden müssen. Während sonst für die Steuerung einer Workflow-Engine Software über eine API eingebunden werden muss, könne mit Hilfe von RPA auf diese Anbindung verzichtet werden.
„Mit RPA gehen Unternehmen scheinbar einen großen Schritt in Richtung digitaler Transformation, weil plötzlich immer mehr Dinge automatisch ablaufen. Doch tatsächlich bleiben die überholten Systeme weiterhin im Einsatz und treiben so die technischen Schulden in die Höhe, anstatt sie abzubauen.“
Doch der Autor sieht ein großes Risiko, das mit einem verstärkten Einsatz von RPA verbunden ist. So könnten die Software-Roboter dringend erforderliche Investitionen in eine neue IT verzögern, indem sie den Status Quo optimieren. Laut einer Studie nutzen 83% der Banken RPA, um ihre Legacy-Systeme weiterbetreiben zu können.
Dabei muss RPA-Software immer wieder angepasst werden, sobald sich die Bedienoberflächen verändern. Zudem steige die Komplexität, je mehr Roboter im Einsatz sind, was zu erhöhten IT-Kosten führen könne. Zudem könne ein Fehler der Vergangenheit wiederholt werden, nämlich dass Fachbereiche umfangreich Schatten-IT einsetzen, die später irgendwann wieder von der IT repariert oder gewartet werden muss. Und schließlich könne der RPA-Einsatz zum Selbstzweck werden, wenn sich Mitarbeiter umfangreich mit der Softwareentwicklung für Roboter beschäftigen.
Die Nutzung von RPA solle daher von der IT gesteuert und hierfür eine klare Policy festgelegt werden, für welchen Zweck ein Software-Roboter programmiert wird. Schlüsselfrage sei dabei, wie lange bestehende Systeme noch verwendet werden sollen.
Ich teile die Sicht des Autors auf die genannten Risiken. RPA kann sicher kurzfristig dazu führen, dass stark routinemäßige Tätigkeiten auf Basis bestehender Prozesse automatisiert werden. Dies bringt sicher eine kurzfristige Entlastung bei den Kosten und in der Regel auch eine Reduktion der Durchlaufzeiten. Aber letztendlich muss es für jeden neuen Einsatz eines Software-Roboters einen Business Case geben, der die Häufigkeit der Transaktionen und die Restlaufzeit des Systems berücksichtigt.
RPA darf die eigentliche digitale Transformation nicht verzögern, die in einem viel stärkeren Maß Effizienzvorteile hervorbringt als der Einsatz der Software-Roboter. Zum Beispiel können in einem ersten Schritt Schadenmanagement-Prozesse eines Versicherers durch RPA beschleunigt werden, indem erforderliche Daten mit einer dahinterliegenden Logik automatisiert in bestehende Schadensysteme eingegeben werden.
Dies wird aber nicht zu einem Quantensprung in der Digitalisierung führen. Dieser wird erst gelingen, wenn das Legacy-System durch eine moderne Anwendung ersetzt wird, die auch Prozesse standardisiert und optimiert sowie neue Funktionalitäten bereitstellt. Und schließlich kann die Verwendung wirklich „intelligenterer“ KI neben der Prozessverbesserung weitere Vorteile bringen, z.B. die Erkennung von Betrugsfällen im Schadenmanagement, was eine RPA-Software nicht leisten kann.
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