Viele Versicherer verschlafen die Digitalisierung und konzentrieren sich darauf, Prozesse zu optimieren statt Kundenbedürfnisse besser zu erfüllen. Dass es auch anders geht, zeigen Nico Litzel und Gerhard Auer im Blog Big Data Insider am Beispiel der SparkassenVersicherung, die mit Hilfe von Big Data Analytics Cross- und Upselling-Potenziale für ihren Kundenstamm berechnet.
Im Zuge ihrer Digitalisierungsinitiative führe die Sparkassenversicherung ein Big-Data-Projekt durch, das zum Ziel habe, bestehende Business-Intelligence-Anwendungen und Data Warehouses durch Data Analytics zu ergänzen.
Hierfür würden im sogenannten Big Data Lab Spezialisten aus den Bereichen Marketing, Vertrieb und Big Data zusammengeführt, um Kaufwahrscheinlichkeiten der Kunden zu berechnen. Eingesetzte Technologien seien dabei Regressionen, Entscheidungsbäume und -wälder oder neuronale Netze, berichtet der Analytics-Experte Dr. Igor Schnakenburg von der Firma Detecon, der das Projekt unterstützt. Dabei würden je nach Produkt oder Sparte individuelle Modelle programmiert.
„Das kombinierte Experten-Know-how der SV SparkassenVersicherung und der Detecon sichert zudem die Aussagekraft der Ergebnisse ab.“
Die Kundendaten würden dabei nur aus laufenden Geschäftsbeziehungen verwendet und datenschutzkonform anonymisiert, zusätzlich werden Geo-Daten einbezogen. Ergebnis der Berechnungen seien Scores, die vom Versicherungsvertrieb verwendet werden können, um einzuschätzen, ob Kunden ein Produkt kaufen würden oder nicht. Mit der bei der SparkassenVersicherung angewendeten Predictive Analytics würden bessere Ergebnisse erzielt als bei einer klassischen Warenkorbanalyse in einem Online-Shop.
Zukünftig sei der Aufbau einer Big Data Factory geplant, die produktive Prozesse unterstützen und zentrales Element der Konzernsteuerung werden soll. Damit Analytics-Vorhaben erfolgreich umgesetzt werden können, sei es wichtig, das Feedback der Nutzer – im Fall der SparkassenVersicherung des Vertriebs – zu berücksichtigen. So könne die Akzeptanz der neuen Technologie sichergestellt werden.
Aus meiner Sicht zeigt das Vorgehen der SparkassenVersicherung anschaulich, dass auch Versicherungen, die nicht zu den großen Versicherungskonzernen gehören, erfolgreich Data Analytics einsetzen können. Eine der Voraussetzungen ist allerdings, dass die im Unternehmen bereits vorhandenen Daten auch tatsächlich bereitgestellt werden können und dies zudem in ausreichender Qualität geschieht. Hier haben viele Versicherer noch Nachholbedarfe, da die Daten meist in Spartensilos verwaltet werden.
Neben klassischer Marketing- und Sales-Analytics gibt es im Versicherungsumfeld aber weitere interessante Use Cases mit Big Data. So kann – auch unter Einbeziehung von externen Informationen – die Risikobewertung verbessert werden. Damit kann entweder eine Entscheidung zu Akzeptanz oder Nicht-Akzeptanz eines Interessenten herbeigeführt oder das Pricing entsprechend dem besser eingeschätzten Risiko nachjustiert werden. Zu beachten ist allerdings, dass die Entscheidungskriterien der KI-Verfahren für die Aufsichtsbehörden nachvollziehbar sein müssen. Dies stellt für einige Ansätze eine Hürde dar.
Originallink aufrufen