Die technische Anbindung zwischen Makler und Versicherer ist oft immer noch unbefriedigend, auch weil viele Maklerverwaltungsprogramme nicht die erforderlichen Funktionalitäten oder Schnittstellen bieten. So sind Makler gezwungen, die Extranets der Versicherer zu nutzen. Diese sind inzwischen aber gut weiterentwickelt, berichtet Detlef Pohl in procontra online Bezug nehmend auf das Makler-Audit 2020.
Die Digitalisierung solle die Makler eigentlich von Bearbeitungsschritten entlasten, um sich so besser auf ihre Beratungstätigkeiten konzentrieren zu können. Dies sei auch erforderlich, um trotz wachsender Regulierung betriebswirtschaftlich bestehen zu können.
In seinem Makler-Audit 2020 „IT-Prozesse im Maklerunternehmen“ habe das Branchen-Informationsportal deutsche-versicherungsboerse.de (dvb) daher die technische Anbindung der Makler an die Versicherer bewertet. Dabei sei festgestellt worden, dass viele Arbeitsschritte im Maklerbüro bereits automatisiert werden könnten. Ein Durchbruch in Richtung 100 Prozent sei aber noch in weiter Ferne, woran nicht nur die Versicherer schuld seien, sondern auch die Makler selbst.
So würden etwa 30 Prozent der Makler die Funktionalitäten ihres Maklerverwaltungsprogramms (MVP) nicht ausreichend kennen, entsprechend viele hätten sich also noch nicht einmal mit der Automatisierung von Prozessen im eigenen Maklerbüro beschäftigt. Andererseits gebe es auch viele Makler, die bereits intensiv die Services des Brancheninstituts Prozessoptimierung (BiPRO) zum Daten- und Dokumentenaustausch nutzten.
Aufgrund fehlender Funktionalitäten des MVP und fehlender Schnittstellen mit Versicherern seien Extranets für viele Makler immer noch ein wichtiger Anlaufpunkt, um Auskunft über Verträge, Schriftwechsel, Schadenstatus und viele weitere Informationen zu erhalten. So hätten 45 Prozent die Extranets zuletzt deutlich stärker genutzt als noch vor fünf Jahren. Dabei würden sie Extranets eigentlich weiterhin nur ungern verwenden. Makler seien aber der Meinung, dass die technischen Grundlagen der Extranets nahezu vorbildlich umgesetzt seien. Versicherer hätten ihre Vertriebssoftware also gut weiterentwickelt. Nun müssten die Makler bei der Digitalisierung nachziehen.
Ich finde die Ergebnisse des Makler-Audits 2020 nicht zufriedenstellend. Viele Vermittler scheinen weiterhin nicht bereit zu sein, sich auf die Digitalisierung einzulassen und verharren in der klassischen, wenig digitalen Bearbeitung von Geschäftsvorfällen. Dabei hat die Corona-Krise gezeigt, dass Makler, die weit in der Digitalisierung vorangeschritten sind und zum Beispiel Videotelefonie anboten, einen Wettbewerbsvorteil haben bzw. überhaupt Ihr Geschäft aufrechterhalten konnten.
Eine Mitverantwortung für die langsame Digitalisierung tragen aber auch die Anbieter von Maklerverwaltungsprogrammen, denen es offenbar nicht gelingt, alle Versicherer nach BiPRO-Standard anzubinden und die Standard-Prozesse abzubilden. Damit dies gelingt, müssen natürlich auch die Versicherer mitarbeiten, die es freilich lieber sehen, wenn die Makler ihr Extranet nutzen, weil sie so mehr Kontrolle über Prozesse und Daten haben. So ist es kein Wunder, dass die Extranets inzwischen einen guten technischen Stand haben, auch wenn es hier zum Beispiel im Bereich der digitalen Kunden-Identität (Kunden-Onboarding, digitale Signatur etc.) noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.
Vermittler müssen sich aber auch auf weitere Digitalisierungsschritte einlassen und diese nicht als Bedrohung für ihr Geschäft sehen. So entlastet die digitale Bearbeitung von einfachen Geschäftsvorfällen Makler in ihrer Arbeit und ermöglicht es ihnen, sich auf den Verkauf komplexer Produkte zu konzentrieren. Auch der Austausch von Kundendaten mit Versicherern gefährdet nicht ihren USP (Unique Selling Point), sondern generiert durch Zusatzinformationen weitere Cross- und Up-Selling-Möglichkeiten. Und schließlich erhöht es die Kundenzufriedenheit, wenn Kunden ihren persönlichen Versicherungsvermittler sowie den Versicherer über verschiedene Kanäle – vom Vermittler über den Call-Center, den Chat-Bot oder das Kundenportal – erreichen oder Informationen abrufen können. Im digitalen Ökosystem Versicherung müssen Makler also mehr auf Kooperation denn auf Closed Shop setzen.
Originallink aufrufen