Gefahr oder Chance – wie schätzen etablierte Versicherer InsurTechs ein und sollten InsurTechs eher bekämpft oder eingebunden werden? Die Investoren an den globalen Märkten beantworten die Frage auf ihre Weise: InsurTechs werden als attraktive Investments wahrgenommen, weil sie technologischen Fortschritt in die Versicherungsbranche bringen und so die Effizienz weiter steigern. So ist es keine Überraschung, dass kaum ein Versicherer die Gesprächsanfrage eines InsurTechs abweisen würde. Eine gewisse Neugier auf die Versicherungs-Start-ups ist in jedem Fall vorhanden.
Es wäre also naheliegend, dass die Versicherer die Strategien der neuen digitalen Player am Versicherungsmarkt kopieren oder aber InsurTechs aufkaufen und integrieren. Doch beides ist nicht so einfach, da Prozesse und Architektur meist noch nicht ausreichend für einen technologischen Wandel vorbereitet sind.
“The problem is in the implementation of the processes that are complex and take away many internal reasons in the insurance company.”
Zusätzlich müssen sich klassische Versicherer an regulatorische Rahmenbedingungen halten, während sich InsurTechs meist noch unter dem Radar der Aufsichtsbehörden bewegen. Dies schränkt den Handlungsspielraum ein.
Doch die Kunden der Versicherer sind inzwischen einfache Prozesse, schnelle Bearbeitungszeiten und eine gute Customer Experience von Dienstleistern anderer Branchen gewöhnt. Der Druck auf die Versicherer steigt daher, technologisch mitzuhalten. Der Autor schließt daraus, dass Versicherern nichts Anderes übrigbleibt, als die Ideen der InsurTechs zu übernehmen und umzusetzen, weil sonst die Gefahr besteht, dass die rückständig gebliebenen Versicherer vom Markt verschwinden.
Grundsätzlich teile ich die Ansicht, dass InsurTechs neuen Schwung in die angestaubte Versicherungsbranche gebracht haben und damit Versicherer unter Druck setzen. Aber andererseits muss man feststellen, dass kaum ein InsurTech bisher zu einer echten Gefahr für Versicherer herangewachsen ist.
Insofern wird das klassische Geschäftsmodell der Versicherer noch einige Zeit Bestand haben. Denn derzeit verdienen die Versicherer trotz steigenden Kostendrucks und den bekannten Problemen im Bereich Lebensversicherung noch sehr gut daran. Die Notwendigkeit für radikale Veränderungen ist damit scheinbar noch nicht gegeben. Doch wer sich nicht rechtzeitig erneuert, läuft Gefahr, von anderen Playern überholt zu werden.
Denn was der Autor auch nicht erwähnt: Vielleicht kommt die echte Gefahr für Versicherer nicht von Seiten der InsurTechs, sondern von den großen Digitalkonzernen Amazon, Facebook und Co. Sie verfügen im Unterschied zu den InsurTechs über eine große Anzahl an Kunden und ausreichend Kapital für Investitionen. Wenn diese sich in den Versicherungsmarkt wagen – im ersten Schritt in einer Maklerrolle –, werden sie den Innovationsdruck auf Versicherer schneller erhöhen als dies InsurTechs bislang vermochten.
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