Im Bereich Payments sind amerikanische Anbieter dominierend. Aktuell besteht für Europa aber eine gute Chance, die Abhängigkeit von nicht-europäischen Payment Schemes zu beenden und souverän über die eigenen Geldflüsse disponieren zu können, schreibt Prof. Dr. Hans Gert Penzel im Bank Blog.
Europa sei bei Bezahlungsdiensten stark von amerikanischen Providern, insbesondere vom Duopol Mastercard und Visa, abhängig, und es bestehe die Gefahr, dass die Abhängigkeit von fremden Payment Schemes irreversibel werde. Dabei habe Europa eigentlich eine sehr gute Infrastruktur für Payments, mit SEPA und Target2 habe man einen modernen Backbone. Am Frontend könnten so flächendeckend Instant Payments ausgerollt werden.
Europa habe nun die Chance, sich unabhängig zu machen, indem ein European Payment Scheme etabliert und der digitale Euro eingeführt werde. Die Retail Payments Strategy der European Commission aus dem Jahr 2020 würde die entsprechende Grundlage schaffen.
Die von Geschäftsbanken getriebene European Payments Initiative (EPI) sei hierfür ein richtiger Schritt, es gäbe auch den nötigen Rückenwind seitens der Politik. Die Zeit dränge aber, denn im Moment werde das laufende Girokonto noch von den Banken bereitgestellt, die Kreditkartenanbieter arbeiteten aber daran, die Zahlungsfunktion des Girokontos zu besetzen.
Ein weiterer Baustein für die europäische Unabhängigkeit im Bereich Payments sei der digitale Euro, der bereits 2023 starten könne. Die EZB würde den privaten Banken auch beim digitalen Euro weiterhin eine produktive Rolle als Intermediäre und „Pre-Clearer“ zubilligen, so dass diese trotz des Digitalgeldes nicht überflüssig würden.
Ich finde die Einschätzung des Autors interessant, dass die European Payments Initiative gute Erfolgschancen hat und dass hierfür nun ein guter Zeitpunkt ist. Die Vormacht der amerikanischen Payments Services ist bereits sehr umfangreich. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie sind die elektronischen Bezahlvorgänge auch für Kleinbeträge gestiegen, so dass die amerikanischen Payments Provider ihre Position sogar weiter ausbauen konnten.
Insofern gibt es jetzt vielleicht die letzte Möglichkeit, ein europäisches Gegengewicht im Bereich Payments zu schaffen. Es bleibt zu hoffen, dass die an der EPI beteiligten Geschäftsanken beim Aufbau des Peps (Pan European Payment System) nicht wie Ende letzten Jahres in politischen Fragen verstricken.
Ein weiterer Erfolgsfaktor wird die Bereitstellung geeigneter Frontends sein, denn ein reines Payments Backbone würde das Risiko, dass die Banken im Zahlungsverkehr überflüssig bzw. zur Factory degradiert und für den Endkunden nicht mehr sichtbar werden, nicht entschärfen. Hier kann Europa von amerikanischen Serviceanbietern noch Einiges lernen, was Nutzerfreundlichkeit und Customer Experience betrifft.
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