Wesentliche Inhalte der Digitalisierung im Gesundheitswesen und der elektronischen Patientenakte (ePA) werden im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) geregelt. Der bisherige Fortschritt der Digitalisierungsaktivitäten ist allerdings nicht zufriedenstellend, sodass neuere technische Entwicklungen und Use Cases die bisherigen Lösungen teilweise obsolet machen. Verschiedene Gesundheitsverbände wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung bringen sich nun mit ihren Verbesserungswünschen am Gesetzeswerk in Stellung, berichtet Heike Krüger-Brand im Ärzteblatt.
Eine Forderung ist, dass Versicherte künftig auch ohne den Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) mit Hilfe von mobilen Endgeräten auf medizinische Daten der ePA zugreifen können sollen, auch wenn damit mehr Risiken bei der Sicherheit in Kauf genommen werden müssen. Andererseits wird die Erwartungshaltung geäußert, dass hohe Sicherheitsstandards nicht zu bürokratischen Belastungen der Praxen führen dürfen. Ein Vorschlag ist daher, die eGK mit NFC-Technologie auszustatten, dann könnte die eGK weiterhin als sicheres Authentifizierungsinstrument bei mobilen Zugriffen genutzt werden.
Grundsätzlich wird die Verpflichtung, dass die Krankenkassen ihren Versicherten bis spätestens ab 2021 eine ePA zur Verfügung stellen müssen, begrüßt. Die Bundesärztekammer wünscht sich allerdings, dass die Patienten ihre persönliche ePA-Lösung frei wählen können.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung beansprucht für sich eine gesetzliche Richtlinienkompetenz für die technische Spezifikation der Dokumentation medizinischer Befunde, außerdem soll der Kommunikationskanal KV Connect als sicherer Übertragungsweg in das Gesetz aufgenommen werden.
Bzgl. der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung wird gefordert, dass diese zusätzlich zur Übermittlung an die Krankenkasse auch an den Patienten und dessen Arbeitgeber weitergeleitet werden kann.
„Um die Akzeptanz der ePA bei Patienten zu fördern, müssen […] auch die Gewährleistung von Patientensouveränität bei der Nutzung der ePA im Vordergrund stehen.“
Auch wird Transparenz bzgl. der Nutzung der erfassten Daten gefordert. So dürften Abrechnungsdaten der Krankenkassen nicht an Dritte übermittelt werden, ohne dass der Leistungserbringer diesem zustimmt. Dies sollte auch für die Daten des Patienten gelten, der differenziert für jeden Leistungserbringer auf Dokumentenebene Zugriffsberechtigungen erteilen können soll.
Die AOK-Gemeinschaft schlägt vor, die Rolle der gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte) im Sinne einer Netzagentur neu festzulegen. Ihre Aufgabe wäre es demnach, die Interoperabilität und die Einhaltung der grundlegenden Infrastruktur sicherzustellen. Digitale Services sollten künftig im Wettbewerb angeboten werden können.
Ich halte die Überlegungen der Verbände grundsätzlich für richtig. Eine mobile Lösung der ePA wäre wichtig für die Akzeptanz beim Kunden – dies hat auch bereits der Bundesgesundheitsminister erkannt. Mindestens genauso wichtig ist die geforderte Transparenz der Datennutzung sowie die Möglichkeit der Patienten, die Freigabe ihrer Gesundheitsdaten individuell entscheiden zu können. So behält jeder Versicherte die Hoheit über seine Daten.
Dass Kassen einen Wettbewerb um die ePA befürworten, ist nicht überraschend. Mit Vivy und TK-Safe haben bereits erste Krankenversicherer alternative Gesundheitsakten gestartet. Aus meiner Sicht ist Wettbewerb grundsätzlich zu begrüßen, denn nur so wird der weitere Fortschritt an digitalen Services beschleunigt. Ebenso positiv zu bewerten ist Idee von Standards und Spezifikationen, denn es muss sichergestellt werden, dass die verschiedenen ePA-Lösungen und Services untereinander Daten austauschen können.
Egal welche der Verbesserungswünsche umgesetzt werden: Wichtig ist in jedem Fall, dass eine gegenseitige Blockade der Gesundheitsverbände, wie dies bisher oft genug der Fall war, verhindert wird. Das Wichtigste ist, dass ePA-Lösungen nun endlich in der Praxis erprobt werden.
Originallink aufrufen