Die meisten etablierten Versicherungen und InsurTechs in Deutschland behaupten, am Puls der Zeit der Digitalisierung zu sein. Doch leider unterscheiden sich hier Eigen- und Fremdwahrnehmung deutlich, wie Autor Moritz Finkelnburg erläutert.
Faktisch ist es nämlich so, dass Erstversicherer bis auf wenige Ausnahmen die Entwicklungen der Digitalisierung immer noch eher beobachten als aktiv darauf reagieren. Und auch der Drive der InsurTechs ist nicht ausreichend, um neue disruptive Geschäftsmodelle zu entwickeln.
„Ernsthafte digitale Aktivitäten lassen sich nur bei wenigen Erstversicherern feststellen“
Aus meiner Erfahrung kann ich bestätigen, dass deutsche Versicherer kaum in der Digitalisierung aktiv sind. Stattdessen werden oft Maßnahmen der Prozessautomatisierung oder der ohnehin erforderlichen Optimierung der Vertriebssysteme einfach als „Digitalisierungsprojekte“ deklariert, obwohl diese ohnehin anderweitig geplant waren.
Die Digitalisierung der Geschäftsprozesse ist aber nur ein kleiner Baustein der Digitalisierung. Wichtige Handlungsfelder sind vor allem neue digitale Geschäftsmodelle, Co-Innovation, Partnering, Big Data und KI. Mit diesen Herausforderungen beschäftigen sich jedoch nicht sehr viele Versicherer.
Aber auch InsurTechs müssen nachlegen. InsurTech-Services wie digitaler Versicherungsordner, Makler-Funktionalität per App und optimierte Schadenregulierung sind inzwischen bereits Commodity geworden. Nun müssen sich InsurTechs an einem größeren Teil der Versicherungs-Wertschöpfungskette beteiligen, wenn sie sich abheben wollen.
Ich glaube nach wie vor, dass globale Digital-Player wie Amazon, Facebook und Google sowie Automobilhersteller, Energiekonzerne und Telekommunikationsunternehmen mittelfristig Kerngeschäftsfelder der Versicherungsbranche angreifen. Um hierfür gewappnet zu sein, reicht es nicht, Prozesse zu digitalisieren. Die digitale Transformation muss grundlegender angegangen werden.
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