Die kriselnden Banken forcieren die Kooperation im Bereich Bancassurance, da sie die Provisionserlöse durch den Verkauf von Versicherungen gut gebrauchen können. Die Zusammenarbeit zwischen Banken und Versicherungen sowie mit dem Kunden erfolgt aber noch nicht durchgehend digital. Dementsprechend sind digitale Plattformen bisher wenig etabliert, berichtet Uwe-Schmidt Kasparek in der Versicherungswirtschaft Heute.
Der Verkauf von Lebensversicherungen durch Banken habe eine lange Tradition, nicht nur bei Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken. Das Volumen sei nicht unerheblich. So hätten zum Beispiel die Öffentlichen Versicherer 70 Prozent ihrer Lebensversicherungen über die Sparkassen verkauft. Auch andere Versicherungssparten würden über den Bankschalter verkauft.
„Nicht alle Versicherer, die mit Banken kooperieren, sind überhaupt schon digital unterwegs.“
Nun gewinne die Bancassurance für Banken an Bedeutung, weil die Provisionen aus dem Verkauf von Policen eine nicht unerhebliche Einnahmequelle darstellen. Andererseits würden aber zunehmend Bankfilialen geschlossen, was den klassischen Vertrieb erschwere. Gleichzeitig wachse das Online-Banking. Versicherungen müssten daher sicherstellen, dass ihre Verträge bei Banken zukünftig auch online verkauft werden können. Allerdings böten viele Versicherungsunternehmen diese Möglichkeit noch nicht an. Ziel müsse sein, dass Bankkunden Online-Zugang zu ihren Verträgen und Service hätten und neue Versicherungsverträge online abschließen könnten. Über entsprechende digitale Plattformen könnten Finanz- und Versicherungsangebote sogar gebündelt werden.
Ich teile die Einschätzung des Autors, dass Banken und Versicherungen Potenziale verschenken, da es ihnen nicht ausreichend gelingt, Versicherungsvertragsverwaltung und den Verkauf von Policen online anzubieten.
Bei der Etablierung von Plattformen zur Verwaltung von Versicherungsverträgen im Umfeld Bancassurance stellt sich allerdings die klassische Frage, wem der Kunde gehört und dementsprechend, ob Versicherungsverträge eher im Online-Portal der Bank gezeigt und angeboten werden oder ob im digitalen Vertragsordner der Versicherung auch die Bankkonten verlinkt sind.
Aus meiner Sicht ist die Antwort kein Entweder-oder, stattdessen sollten im Rahmen einer Kooperation beide Optionen umgesetzt werden, denn nur so lassen sich Cross- und Up-selling-Potenziale in beide Richtungen erzielen.
Dies ist freilich leichter gesagt als getan, denn viele Versicherer tun sich immer noch schwer, ihre eigene Vertragsverwaltungs-Plattform aufzubauen, u.a. weil ihre Fach- und IT-Architekturen noch nicht die geeigneten Voraussetzungen bieten. Eine Integration von Services des Kooperationspartners ist daher eine Herausforderung, die noch nicht alle bewältigen können.
Dabei drängt die Zeit, denn die Anzahl der Bankfilialen wird weiter deutlich abnehmen, so dass der Verkauf von Policen am Bankschalter entsprechend rückläufig sein wird. Zudem ermöglicht der Zugriff auf Bankdaten über die PSD2-Schnittstelle auch Konkurrenten die Einsicht in die Bankdaten der Kunden, so dass zukünftig auch branchenfremde Dienstleister wie Big-Techs Bank- und Versicherungsprodukte anbieten können.
Verstehen Banken und Versicherer den Kunden als gemeinsamen Kunden, können letztendlich beide von den Analytics-Möglichkeiten rund um die Kundendaten profitieren. Dafür dürfen Banken die Versicherungsunternehmen allerdings nicht als reinen Produktlieferanten verstehen, sondern als Kooperationspartner. Analog dürfen Versicherungsunternehmen die Banken nicht als reinen Vertriebskanal sehen.
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