Daten sind das neue Öl. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sowohl Automobilhersteller als auch Versicherer großes Interesse an Telematik-Daten haben, die beim Autofahren gesammelt werden. Vertreter der Versicherungsbranche fordern nun einen unabhängigen Datenträuhänder für durch selbst fahrende Autos gesammelte Informationen, berichtet Henning Peitsmeier in der FAZ.
Es wird zwar noch einige Zeit dauern bis autonom fahrende Autos in großer Masse auf den Straßen fahren, aber der umfangreiche Datenschatz, den sie sammeln, rückt bereits heute in die Aufmerksamkeit der Automobil- und Versicherungskonzerne. Um sicherzustellen, dass die Datensammlung und ‑verwertung überhaupt Akzeptanz in der Bevölkerung findet, solle ein neutraler Treuhänder die Wahrung der Interessen aller Beteiligten sicherstellen.
„Durch die Bündelung der Daten bei einem neutralen Treuhänder sollen sich demnach die Interessen von Herstellern und Kunden wahren lassen.“
Während der Kunde eine schnellere und unkompliziertere Abwicklung z.B. des Schadenmanagements durch Nutzung der erhobenen Daten erwarte, seien die Versicherer im Wesentlichen an mehr Datenpunkten für eine Optimierung der Risikobewertung interessiert. Ein Treuhänder könne sicherstellen, dass die Daten vereinbarungsgemäß genutzt werden und auch in Fällen wie eines Verkaufs des Fahrzeugs oder eines Totalschadens eine korrekte Verwaltung der Daten erfolgt.
Die Autoindustrie stehe aber einer solchen Treuhänder-Lösung eher skeptisch gegenüber. Sie befürchte Sicherheitsrisiken für den Kunden und die Öffentlichkeit, wenn es einen direkten Datenzugriff durch Dritte während der Fahrt gibt.
Ich halte den Vorschlag einer neutralen Datenverwaltung durchaus für sinnvoll. Es gibt Ähnlichkeiten mit dem Konzept der elektronischen Patientenakte, für die auch eine unabhängige Instanz eine Treuhänderrolle übernimmt. Die Lösung sollte allerdings so gestaltet sein, dass der Kunde bzw. Eigentümer des selbst fahrenden Autos selbst entscheiden kann, welche der Telematik-Daten für welchen Zweck freigegeben werden. So könnte z.B. bei Zustimmung zur anonymen Übermittlung von Daten an Navigationsservices dem Kunden ein Rabatt der Leasingrate eingeräumt werden.
Das Argument der Automobilhersteller, dass die Daten sehr sensibel sind und daher Dritte während der Fahrt nicht darauf zugreifen sollen, ist sicher valide. Denn durch die Einbeziehung eines Treuhänders, zu dem die Daten übermittelt werden, steigt die Anzahl der Schnittstellen und damit Angriffspunkte für Cyberattacken. Mit geeigneten Maßnahmen lässt sich das Risiko aber eingrenzen.
Ein Aspekt fehlt im Artikel: Die Versicherer sind nicht nur am Datenschatz interessiert, um Risiken besser kalkulieren zu können. Denn autonomes Fahren wird auch dazu führen, dass es generell weniger Schäden geben wird und somit das Schadenrisiko sinkt. Zudem wird die Produkthaftpflicht die KFZ-Haftpflicht ablösen. Insofern sind die Telematik-Daten für die Versicherer auch deshalb wichtig, um neue Geschäftsmodelle im Rahmen eines digitalen Ökosystems aufbauen zu können, weil ihr ursprüngliches Geschäftsmodell, nämlich die Absicherung von Risiken, sukzessive kleiner wird.
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